Wahrhaftige Beziehungen


Beziehungen gehören zum Leben wie das Atmen. Ohne Beziehungen gäbe es kein Austausch von Wissen, kein Lehren, kein Lernen, keine Entwicklung und kein Miteinanderteilen von Freuden jeglicher Art. Unsere Gesellschaft zeigt unterschiedliche Arten von Beziehungen, z.B. Paarbeziehungen, romantische oder freundschaftlich Beziehungen, Eltern-Kind-Beziehungen, Lehrer-Schüler-Beziehungen, Therapeuten-Klienten-Beziehungen, Geschäftsbeziehungen, Internationale Beziehungen, nur um einige zu nennen.
Aber was bitte schön ist eine wahrhaftige Beziehung? Was macht sie im Vergleich zu anderen Beziehungen aus?
Eine wahrhaftige Beziehung kann in allen genannten Beziehungsformen stattfinden. Sie ist keinesfalls nur auf zwischenmenschliche Beziehungen beschränkt, sondern ist auch zwischen Tier und Mensch, und dort sogar eher möglich, wenn sich der Mensch dafür öffnet. Warum das so ist, kann man an den Kernaspekten einer wahrhaftigen Beziehung erkennen. Diese Aspekte müssen von Tieren nicht erst erlernt werden, sondern sind bereits von Anfang an vorhanden, sofern sie sich naturkonform entwickeln durften.
Bevor wir zu den Kernaspekten oder Grundwerten kommen, sollten wir erst einmal schauen was eine wahrhaftige Beziehung NICHT ist, bzw. welche Eigenschaften nicht zu ihr gehören.
Wahrhaftige Beziehungen sind frei von Manipulation, Machtausübung, geschaffenen oder bestehenden Abhängigkeiten, Dominanz, Devotion, Konditionierung, Unehrlichkeit, Unverbindlichkeit. In vielen Beziehungen kommen gerade diese Eigenschaften, ob bewusst oder unbewusst, zur Anwendung. Selbst wenn sie mit dem Einverständnis der Beteiligten nach solchen Spielregeln geführt werden, kann man sie auch als unfreie Beziehungen bezeichnen. Das soll jedoch nicht heißen, dass alle Beziehungen, die unter bestimmten Spielregeln, Absprachen und Übereinkünften geführt werden, augenscheinlich schlecht Beziehungen wären und deshalb nicht funktionieren würden. Sie sind eben nur nicht wahrhaftig, und somit fehlt ihnen eine Qualität, die man erst dann richtig wertschätzen lernt, wenn man sie einmal erfahren hat.
Wahrhaftige Beziehungen zeichnen sich durch absolute Freiwilligkeit und Freiheit aus. Sie lassen für alle Beteiligten stets den nötigen Raum bei gleichzeitigem Vorhandensein von Kontakt, Nähe und tiefer Verbundenheit. Sie entstehen aus dem Wunsch aller Beteiligten nach Wahrheit und der Bereitschaft und Lust auf gemeinsamer Erfahrung, Entwicklung und Wachstum in Freude.
Eine wahrhaftige Beziehung hat nicht den Anspruch funktionieren zu müssen. Sie will auch nichts leisten – sie will zunächst einfach nur sein.

Es gibt drei entscheidende Kernaspekte, die als Grundvoraussetzung eine wahrhaftige Beziehung überhaupt erst möglich machen.


Stärke (strength)


Stärke bedeutet in diesem Zusammenhang die eigenen Fähigkeiten, Talente und Eigenschaften zu (er)kennen, zu entwickeln und zum Wohl aller Beziehungsbeteiligten durch den Herzenswillen anzuwenden. Eine durch den Herzenswillen angewendete Stärke wird niemals zur Überlegenheit und Machtausübung genutzt, um damit ein einseitiges Ziel innerhalb der Beziehung zu erreichen. Ist die Stärke durch den Eigenwillen anstatt durch den Herzenswillen geleitet, wird eine win-win-orientierte Beziehung, also eine Beziehung wo ALLE Beteiligten gewinnen, kaum möglich sein. Hier wird das Ego eher seine eigenen Ziele verfolgen und vorzugsweise etwas bekommen, besitzen, einen Status halten oder einfach nur rechthaben wollen, was dann zwangsläufig zu einem Ungleichgewicht in der Beziehung führen würde. Stärke, die durch den Herzenswillen geleitet wird, wirkt niemals bedrohlich, sondern schafft, ganz im Gegenteil, das Gefühl von Sicherheit und Vertrauen.

  • Ausdruck der Stärke:

- Erkennen und entwickeln der eigenen Fähigkeiten und Eigenschaften.
- Anwendung der Fähigkeiten und Eigenschaften mit Achtung und Respekt zum Beziehungspartner.
- Stets nach dem win-win-Prinzip handelnd
- Immer geleitet vom Herzenswillen
- Authentizität, Entschlossenheit, Verantwortung

  • Im Gegenzug:

- Auf eigenen Vorteil basierende (egoistische) Handlungsweisen
- Überlegenheit, Dominanz, Manipulation, Machtorientierung, Sturheit, Missachtung, Unbeständigkeit
- bedrohend, erpressend, übervorteilend
- Angst vor Verletzung oder Verlust jeglicher Art



Klarheit (clarity, clearness)


Klarheit entsteht durch das deutliche Wahrnehmen und Erkennen (Einsicht) von dem was gerade ist. Nur wenn ich mir gewahr über das bin, was gerade ist, was ich fühle, welches meine Bedürfnisse sind und wo mein Fokus liegt, kann ich dies auch durch mein klares Mitteilen und Handeln zum Ausdruck bringen. Stimmen Fühlen, Denken, Mitteilen und Handeln überein und ist dadurch die zugrundeliegende Absicht deutlich erkenn- und spürbar, dann funktioniert ebenenübergreifende (verbale/nonverbale) Kommunikation in Klarheit. Die höchste Form der Klarheit ist die Weisheit. Abwesenheit oder Mangel an Klarheit führt zu Miss- oder Unverständnis, Irritation, Verwirrung, Störung, Dissonanz, Konfusion, Trennung.

  • Ausdruck der Klarheit:

- Konkretheit, Wahrheit, Aufrichtigkeit, Integrität, Positionierung, Entschlossenheit, Genauigkeit, Urvertrauen, Zentriertheit, Sicherheit, Selbstvertrauen

  • Im Gegenzug:

- Unverbindlichkeit, Unsicherheit, Selbstzweifel, Ungenauigkeit, Täuschung, Tarnung, Versteckspiel, Stolz
- nebulöse, wage, schwammige Kommunikation und Position
- Diskrepanz zwischen Denken, Reden, Handeln und Fühlen
- Angst vor Konsequenzen des eigenen Handelns



Weichheit (softness)


Weichheit ist in diesem Kontext nicht zu verwechseln mit Schwäche, übertriebener Nachgiebigkeit oder Devotion. Wer weich ist, ist keineswegs schwach - ganz im Gegenteil. Weichheit zuzulassen bedeutet den Mut zu haben seinen Schutzpanzer abzulegen, die Schutzwälle zu öffnen, um empfangen zu können und um in Gänze gesehen zu werden. Nur wer seine Weichheit zulässt, kann in wirklichem Kontakt mit sich und seinen Beziehungspartnern treten. Die Anwesenheit von Ängsten lässt Weichheit nicht entstehen. Ist man sich jedoch seiner Stärke bewusst und wendet diese durch den Herzenswillen in Klarheit an, sind Schutzmechanismen im Sinne von Abschirmung und Panzerung nicht mehr notwendig. Die Angst vor dem verletzt werden weicht zugunsten einer liebevollen Verbundenheit.

  • Ausdruck der Weichheit:

- Mitgefühl, Durchlässigkeit, Gefühlsoffenheit, Feinfühligkeit, Sensitivität, Berührtheit, Verbundenheit, Eigenliebe, Vertrauen, Mut, Sanftmut, Demut, Akzeptanz, Toleranz, Blick für die Schönheit

  • Im Gegenzug:

- Distanziertheit, Übervorsicht, Misstrauen, Rationalisierung, Härte, Maskierung, Ablenkung, Mitleid
- Verdrängung und Vermeidung von Emotionen
- Angst vor Angriffen und Verletzungen


Warum eine wahrhaftige Beziehung?


  • Wer eine wahrhaftige Beziehung eingeht, wird in hohem Maße gefordert und gleichermaßen belohnt.
  • In wahrhaftigen Beziehungen sind alle Beteiligten Gewinner.
  • Wahrhaftige Beziehungen sind befruchtend, inspirierend, nährend und erfüllend.
  • Diese Beziehungsform ist übertragbar auf alle Arten von Beziehungen!



Von Michael Stegmann - inspiriert durch Pferde und Menschen
Januar 2013

Zuletzt geändert: 2013/01/28 09:14